Wurzelhals- und Stängelfäule (Phoma lingam)

Biologie der Krankheit Phoma lingam im Winterraps und die sich daraus ergebenden vorbeugenden Maßnahmen, sowie eine Beschreibung des proPlant-Prognosemoduls.  

Die Wurzelhals- und Stängelfäule zählt zu den bedeutendsten Rapskrankheiten in Deutschland. Dies resultiert nicht zuletzt aus ihrer bundesweiten Verbreitung und ihrem mehr oder minder starken, aber regelmäßigem Auftreten. Das Ausmaß des Schadens kann dementsprechend stark variieren.

Schadausmaß


Befall mit Phoma lingam am Rapsstengel
 Befall mit Phoma lingam am Rapsstengel
Sehr früher Befall kann zum kompletten Absterben von Jungpflanzen bereits im Herbst führen. Stark befallene Pflanzen sind im Frühjahr teilweise bereits so zerfressen, dass sie an windigen Tagen am Wurzelhals regelrecht abbrechen. Insgesamt verschlechtert sich die Standfestigkeit  durch einen Befall deutlich, was zu starkem Lager führen kann. Ertragsverluste resultieren also aus kompletten Pflanzenverlusten während der Vegetation, aus dem verstärkten Lagerdruck und aus dem geringeren Ertragspotenzial befallener Winterrapspflanzen, welche durch die Abschnürungen und Vermorschungen in ihrer Wasser- und Nährstoffversorgung begrenzt sind und notreif werden. Tendenziell gilt: Je später eine Infektion erfolgt, desto geringer ist auch das Ausmaß des Schadens, aber: Die Ausbreitung der Krankheit und damit das Ausmaß des Schadens hängt vom weiteren Witterungsverlauf ab. Folgen nach einer Infektion bis zur Ernte für den Pilz ungünstige Bedingungen, so hält sich der Schaden noch in Grenzen. Bei günstigen Bedingungen, d.h. frühe Infektion, feuchte Witterung auch im Winter, feucht-warme Witterung bis zur Ernte verbunden mit einem hohen Lagerdruck, kann sich ein Phoma-Befall aber bis zu einer mittleren Katastrophe aufbauen.

Biologie


Ausgangspunkt der Infektion sind in der Regel alte Rapsschläge, aber auch viele kruzifere Unkräuter können befallen werden und als Infektionsquelle dienen. Auf den Ernterückständen bilden sich bei feuchter Witterung Fruchtkörper des Pilzes – sogenannte Pseudothezien – die Ascosporen ausschütten. Die Bildung der Pseudothezien und die Freisetzung der Ascosporen auf befallenen Stoppelresten steht in engem Zusammenhang mit den Niederschlägen und der Temperatur nach der Rapsernte. Wiederholte Regenfälle und eine mittlere Temperatur von ca. 15 °C sind optimale Voraussetzungen. Das bedeutet, je früher und je häufiger nach der Rapsernte feuchte Witterungsperioden einsetzen, desto früher werden auf den Altrapsfeldern von befallenen Pflanzenresten Pilzsporen freigesetzt und mit dem Wind großflächig verteilt. Die Pseudothezien können unter günstigen Bedingungen über Monate Sporen freisetzen, was in milden, feuchten Wintern oftmals der Fall ist. Eine Infektion der jungen Rapsflächen kann also unter ungünstigen Bedingungen über  einen langen Zeitraum erfolgen. Unter warm-trockener Witterung im Herbst bzw. kalt – trockener Witterung im Winter kommt die Ausschüttung von Sporen jedoch zum vorübergehenden Stillstand. Diese Ascosporen können kilometerweit mit dem Wind transportiert werden und sind in der Regel die wichtigste Infektionsquelle für Neuansaaten. Sie benötigen lediglich einige Stunden Feuchtigkeit, um jungen Winterraps an Blättern und am Wurzelhals zu infizieren. An Infektionsstellen auf den Blättern bilden sich weißliche Blattflecken mit kleinen schwarzen Sporenbehältern, den Pyknidien. Diese Pyknidien schütten nun ebenfalls Sporen aus, die durch Regentropfen und Wind weiter im Bestand verteilt werden. Pyknidien kommen auch auf Ernterückständen vor. Auf  befallenen Stängel- und Strohresten werden daher bei feuchter Witterung sowohl aus den Pseudothezien als auch aus den Pyknidien Pilzsporen freigesetzt. Der Ausfallraps auf diesen Flächen zeigt als erstes Befallssymptom Phoma-Blattflecken, aus deren Pyknidien zusätzliche Sporen freigesetzt werden. Alte Rapsflächen können daher eine starke Infektionsquelle darstellen.
Gerade junge Rapspflanzen sind noch sehr empfindlich und können sehr schnell infiziert werden, woraus sich das große Schadpotenzial einer frühen Infektion erklären lässt. Die Phoma-Blattflecken sind die wichtigste Quelle von neuen Pilzsporen und damit der Massenausbreitung im Rapsbestand. Die Blattflecken selbst hinterlassen kaum Schäden, von ihnen freigesetzte Sporen infizieren jedoch den Wurzelhals und den Stängel. Dabei erleichtern Verletzungen das Eindringen in die Pflanzen. Hierzu gehören z.B. Scheuerstellen am Wurzelhals (durch Wind), Verletzungen durch Schädlinge (Rapserdfloh, Stängelrüssler, Triebrüssler) oder auch Wachstums- und Frostrisse im Frühjahr. Gefährlich wird der Pilz, sobald er in den Wurzelhals oder Stängel des Winterrapses eindringt und dort das Absterben von Rindenzellen verursacht. Es bilden sich dunkelbraune bis schwarze Vermorschungen, der Wurzelhals wird regelrecht eingeschnürt.

Die Phomasporen, die nicht auf den Blättern landen sondern auf Boden oder Pflanzenreste fallen, können zu direkten Infektionen führen. Bei Regenwetter werden sie mit Spritzwasser auf die Pflanzen geschleudert und dringen daraufhin direkt über die Fraßstellen der Schadinsekten in die Pflanze ein. Verletzungen durch Insekten, starker Wind, Hagel und Sandreibung begünstigen diese Infektionsform. Fungizideinsatz kann dazu beitragen, auch diesen Infektionsweg etwas zu entspannen.

Bekämpfung von Phoma lingam


Aus der Biologie der Krankheit lassen sich einige bedeutende Rückschlüsse ziehen: Die Infektion geht zum allergrößten Teil von befallenen Ernterückständen aus.
Daraus folgt, alle Maßnahmen die zu einer schnellen Entfernung oder einer schnellen Umsetzung der Ernterückstände dienen, verringern die Infektionsgefahr für in den Nähe liegende Neuansaaten. Das hieße z.B., noch vor der neuen Rapsaussaat die Erntereste unterzupflügen. Dem steht allerdings der weiter steigende Trend zur pfluglosen Bodenbearbeitung nach Winterraps entgegen. Hier befinden sich auch nach erfolgter Herbstbestellung noch zahlreiche Raps – Stoppelreste an der Bodenoberfläche, von denen nach wie vor bei entsprechender Witterung eine große Infektionsgefahr ausgeht. Eine absolute Unsitte im Hinblick auf Phoma ist das Stehenlassen von Ausfallraps direkt neben der neuen Rapsfläche. Hier ist in feuchten Jahren ein Phoma – Befall vorprogrammiert (Solche Flächen sind jedoch ein vorzüglicher Zeiger des Gefahrenpotenzials – sobald hier die ersten Phoma – Blattflecken sichtbar werden, besteht allerhöchste Alarmstufe). Die Gefahr einer Phoma – Infektion geht also nicht eigentlich vom zeitlichen Anbauabstand innerhalb der Fruchtfolge ab, sondern von der räumlichen Nähe der Neuansaat zu Infektionsquellen. Innerhalb der Fruchtfolge werden in der Rotation alle Stoh- und Stoppelreste spätestens nach 1 – 2 Jahren abgebaut sein. Damit besteht auf Flächen, die alle 3 Jahre mit Winterraps bestellt werden, keine erhöhte Phoma – Gefahr. Das Problem ist jedoch der Anteil von Raps in der Landschaft, bei höheren Anteilen befinden sich zwangsläufig Altraps – Flächen in der Nähe von Neuansaaten. Da Verletzungen durch Schädlinge das Eindringen des Pilzes in die Pflanze erleichtern, kann auch eine Schädlingsbekämpfung den Phoma – Befall vermindern.

Prognose der Phoma – Gefährdung mit Expert


Eine wertvolle Hilfestellung bezüglich des Fungizid- und Insektizideinsatzes bieten Expert und Rapool mit tagesaktuellen Informationen zur Phoma - Gefährdung, zur Optimierung des Wachstumsregler-Einsatzes und zur Prognose des Schädlingsauftretens im Herbst und Frühjahr.
Zur Prognose möglicher stärkerer Phoma – Infektionen im Winterraps erfolgen mittels Temperatur, Niederschläge und Luftfeuchtigkeit Aussagen zum Sporenflug und zum Infektionsrisiko. Feuchte Phasen im frühen Jugendstadium begünstigen den Sporenflug und die Infektionswahrscheinlichkeit, insbesondere wenn sich die Neuansaat in räumlicher Nähe (< 300 m) zu vorjährigen Rapsflächen befindet bzw. die Rapsanbaudichte der Region hoch ist. Erste Phoma – Blattflecken auf Ausfallraps bereits im September sind ein absolutes Warnsignal. Auch kühle Regenperioden ab Oktober bis in den Winter können Phoma - Infektionen fördern. Je nach Phoma – Prognose sollte eine fungizide Behandlung nach einer intensiven Feuchtephase erfolgen und wiederholt werden, wenn nach ca. vier Wochen oder später eine weitere Infektionsphase vorliegt. Um eine gute fungizide Wirkung zu erreichen, müssen ausreichend hohe Aufwandmengen eingesetzt werden.
Für eine chemische Bekämpfung stehen verschiedene Produkte zur Verfügung. Die beiden Azole Tebuconazol und Metconazol haben sowohl eine fungizide als auch eine wachstumsregulatorische Wirkung, während andere Wirkstoffe wie z.B. Difenoconazol oder Boscalid ausschließlich eine fungizide Wirkung besitzen. Für schwache Bestände oder bei starkem Infektionsrisiko bietet es sich an, die wachstumsregelnden Fungizide (Tebuconazol, Metconazol) in verringerter Aufwandmenge mit reinen Fungiziden (z.B. Boscalid, Difenoconazol) zu kombinieren. Zum Zeitpunkt der Infektion kann noch keine Aussage über die Höhe der Ertragsverluste getroffen werden, da das Schadausmaß von der weiteren Witterung bis zur Ernte abhängt. Auch die Wirksamkeit von fungiziden Maßnahmen kann nur sehr schwer beurteilt werden. Da die beiden Azole Tebuconazol und Metconazol sowohl als Fungizid als auch als Wachstumsregler wirken, kann man deren Effekt als Fungizid von den anderen Wirkungen (Verbesserung der Winterhärte, bessere Wurzelentwicklung, verbesserte Standfestigkeit usw.) nicht sauber trennen. Außerdem muss immer wieder betont werden, dass Winterraps manchmal eine Mimose ist, aber oftmals auch erstaunlich viel wegstecken kann. So lassen sich fungizide Maßnahmen nicht immer im Ernteertrag wiederfinden. Im Schnitt der Jahre sind daher nicht alle Fungizidmaßnahmen wirtschaftlich, so dass nicht pauschal gespritzt werden sollte. In einzelnen Jahren lassen sich aber erhebliche Mehrerträge absichern, die auf verschiedenen Effekten beruhen. Es kommt nun darauf an, geeignete Entscheidungskriterien für die Notwendigkeit, den Zeitpunkt sowie Mittel und  Aufwandmenge einer fungiziden Maßnahme besser zu erfassen
Die Empfehlungen zum Fungizideinsatz lassen sich daher nicht nur von der unmittelbaren fungiziden Wirkung ableiten, vielmehr sollte der Gesamtkomplex inklusive Wachstumsregulierung, Winterhärte, Standfestigkeit, Förderung der Seitentriebbildung usw. betrachtet werden.

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